Die Industriegeschichte Sudenburgs

Firmenblatt: Bearbeitungsstand: 18.12.2017

Wilhelm Frisch jr.

Böttcherei und Fassgroßhandel

Firmendaten:

Gründung - Ende: 1874 - ca. 1955
Gründer: Friedrich WILHELM Eduard Frisch (* 22.03.1849, † 09.11.1920)
Standort(e): Halberstädter Straße 79 (ehemals Breiter Weg 30b)
Produkt(e): Herstellung von und Handel mit Fässern, Handel mit gebrauchten Wollballeneisen.
Bemerkungen:  
Werbeaufdruck Postkarte 1913
Werbeaufdruck auf Postkarte von 1913.
[Bildquelle: Archiv Sudenburg-Chronik]

Firmenchronik:

Jahr: Ereignis:
1850 Vater Johann Christian FRIEDRICH Frisch (1823-1894) ist als Böttchermeister in Magdeburg-Altstadt tätig. Der Böttchereibetrieb lag offenbar in der früheren Weinfaßstraße (1855), später (1875) in der damaligen Schrotdorferstraße. Sohn Friedrich WILHELM Eduard Frisch (1849-1920), ebenfalls Böttchermeister, arbeitet zunächst im väterlichen Betrieb, bevor er in den 1870er Jahren nach Sudenburg übersiedelt und dort einen Böttchereibetrieb eröffnet. Friedrichs Söhne ALBERT und REINHOLD betreiben eine Böttcherei und Faßhandlung sowie die Magdeburger Schmalzsiederei in der Matthissonstraße 3 in Magdeburg-Altstadt. [2]
1874 Firmengründung.
Böttchermeister Wilhelm Frisch macht sich selbstständig und gründet die Firma "Wilhelm Frisch jr." in Sudenburg. Ob bereits am Standort "Breiter Weg 30b" (heute Halberstädter Straße 79) ist unklar.
[Quelle: Werbeanzeige im Adressbuch 1950/51)
Die Bezeichnung "jr" im Firmennamen ist irreführend, da der Vorname "Wilhelm" hier erstmals vorkommt. Möglicherweise bezieht sie das "Junior" auf den Nachnamen Frisch, zur Unterscheidung vom väterlichen Betrieb in der Altstadt.

Am 26. Juli 1874 heiratet Wilhelm Frisch die Magdeburgerin Antonie Böhme (* 07.10.1852, † 05.02.1930) in der Kirche St. Ulrich und Levin.
1875 Sohn Friedrich Wilhelm Carl Frisch (* 1875, † 1944) wird geboren. [2]
1886 Sohn Friedrich Wilhelm Bruno Frisch (* 07.01.1886, † 25.11.1956) wird geboren. [2]
1893 Sohn Friedrich Wilhelm Otto Frisch (* 28.10.1893, † 04.08.1962) wird geboren. [2]
1887 Neue Lagerräume zur Fasslagerung werden errichtet.
Sie entstehen auf dem Firmengrundstück Breiter Weg 30b (heute Haberstädter Straße 79). [1]
1888 Wilhelm Frisch lässt ein villenähnliches Wohnhaus erbauen.
Es entsteht nicht direkt an der Halberstädter Straße, sondern zurückgesetzt hinter der (heutigen) Hausnummer 77, an der kleinen Stichstraße zum Grundstück. [1]
"Villenähnlich" ist zu hinterfragen. Auf dem Foto sieht (zumindest die Rückseite) aus wie ein gewöhnliches Mehrfamilienhaus jener Zeit.
1905 Im Garten der Familie Frisch wird ein Gewächshaus angelegt. [1]
1906 Überbrückung der Klinke.
Um die gesamte Grundstücksfläche bis hin zur Ackerstraße (heute Cochstedter Str.) nutzen zu können, wird der "Klinke-Flutgraben" überbrückt. [1]
1911 Neue Werkstätten
werden auf dem Firmengelände errichtet. [1]
ca 1912 Die nachfolgenden Fotos vom Betriebsgelände entstanden wahrscheinlich zwischen 1908 und 1912:

Firma Frisch - Wohnhaus und Hof
Blick vom Betriebshof auf die Rückfront des Wohnhauses Frisch.
Im Erdgeschoss betrieb Wilhelms Sohn Bruno Frisch seine Elektroinstallationsfirma. [1]
Blick auf des Fasslager der Firma Frisch - 1
Blick über das Fasslager am hinteren Ende des Betriebsgeländes, das bis an die Ackerstraße
(heute Cochstedter Straße) reicht. Im Hintergrund die Bebauung der Leipziger Straße. Rechts
am Bildrand die Häuser der kurz zuvor angelegten Stassfurter Straße.
Blick auf des Fasslager der Firma Frisch - 2
Blick in das beeindruckende Fasslager. Die fünf Arbeiter und das Kind in
der Bildmitte sind zwischen all den Fässern kaum zu erkennen.

[Bildquelle (3x): Thomas Frisch, Berlin]
1920 Firmengründer Wilhelm Frisch verstirbt am 9. November 1920 im Alter von 71 Jahren.
Neue Eigentümerin von Betrieb und Grundstück wird Witwe Antonie Frisch. Sohn Carl Frisch führt gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Otto Frisch den Böttchereibetrieb in 2. Generation fort. [2]
1922 Die auf dem Betriebsgelände gelegenen Pferdeställe werden zu Garagen umgebaut. [1]
1927 Im Erdgeschoss des Frisch'schen Hauses, Halberstädter Straße 30b, betreibt Sohn Bruno Frisch inzwischen ein Installations-Büro für Elektrotechnik. Seine Wohnadresse ist Westendstraße 1b (heute Klausenerstraße 6), auf der gegenüberliegenden Straßenseite. [Adressbuch 1927]

Plakat Firma Bruno Frisch
Quelle: Stiftung Domäne Dahlem - Landgut und Museum - CC BY-NC-SA 3.0.
Werbeplakat der Elektroinstallationsfirma Bruno Frisch aus der Zeit vor 1936.
1930 Die Witwe des Firmengründers verstirbt.
Antonie Frisch, geb. Böhme verstirbt am 5. Februar 1930 im Alter von 77 Jahren. [2] Sie wird neben ihrem Mann, im Familiengrab auf dem Alten Sudenburger Friedhof, beigesetzt.
Grundstück und Immobilien gehen an die Kinder. Carl Frisch, der älteste der Söhne, übernimmt für die Erbengemeinschaft die Verwaltung.
Inhaber des Böttchereibetriebs "Wilhelm Frisch jr." sind nun zunächst Carl und Otto Frisch.
1930 Auf dem Betriebsgelände, an der Ackerstraße gelegen, wird ein Ankleideraum für die Spieler des "Tennis-Verein Rot-Weiß" angelegt, deren Tennisplatz an der Ackerstraße liegt. [1]
Info: 1943 wird auf dem ehemaligen Tennisplatz ein Lager für "Westarbeiter" errichtet. [1]
1932 Nach dem Tod der Mutter wird die Firma "Wilhelm Frisch jr." neu geordnet. Carl Frisch übernimmt die Firma, in die später (vor 1939) sein Sohn Karl (auch Wilhelm genannt) als Miteigentümer eintritt.
Otto Frisch scheidet aus der Firma aus und macht sich als Großhändler für Fastagen und Emballagen (Blechverpackungen) und als Vertreter für Eisenfässer für die Hüttenwerke Siegerland selbstständig. [2]
Er bleibt dem Standort Sudenburg treu. Seine Firmenadresse lautet Westendstraße 1b (ab 1936 umbenannt in Westendstraße 8). Die Adresse liegt nahe der Einmündung in die Halberstädter Straße, direkt gegenüber des Frisch'schen Grundstücks Halberstädter Straße 30b. Dort bestehen weiterhin die Böttcherei und die Elektroinstallationsfirma von Bruno Frisch.
1934 Planungen zum Umbau eines Werkstattgebäudes zu 8 Miet-Kleinwohnungen werden eingereicht. [1]
Die Umsetzung erfolgte: 1939 sind die neuen Mieter im Magdeburger Adressbuch aufgeführt.
1936 Neunummerierung von Halberstädter Straße und Westendstraße. [1]
Die Hausnummer des Familiengrundstücks Halberstädter Straße 30b ändert sich in 79. Die 30a, in der Carl Frisch seine Wohnung hat, wird zur Nr. 77. Das Haus Westendstraße 1b (heute Klausenerstraße), in dem Otto Frisch wohnt, wird zur Westendstraße 8. Diese Nummerierung ist noch heute gültig.
1942 Grundstücksteilverkauf an Dr. Gottfried Drenckmann [Adressbuch 1942]
Das umgebaute Werkstattgebäude, jetzt "Gartenhaus" genannt, wurde mit einem Teil des Familiengrundstücks an Drenckmann verkauft, dem Eigentümer des benachbarten Mühlenbetriebs "W.A. Drenckmann". Dieser Grundstücksteil führt Adressbuch 1950/51 die Hausnummer 79a.
1944 Carl Frisch verstirbt im Alter von 68 oder 69 Jahren.
Bis zu seinem Tod führte er den Betrieb als Prokurist. Sein Sohn Friedrich Wilhelm Karl Frisch (1904-1984), auch Wilhelm genannt, übernimmt in 3. Generation den Böttchereibetrieb. [2]
1956 Bruno Frisch verstirbt.
Mit seinem Tod kommt auch das Ende seiner Elektroinstallationsfirma. Er wird auf dem Alten Sudenburger Friedhof bestattet. [2]
Info: Der Grabstein "Familie Bruno Frisch" (ein Findling) ist bis heute erhalten.
1959 Karl Frisch verlässt um 1959 die DDR, der Betrieb wird daraufhin enteignet und verstaatlicht. [2]
Nach dem Tod von Brunos Ehefrau Käthe Frisch, geb. Rusche (*11.02.1890, † 14.10.1959) verlässt Karl (Wilhelm) Frisch die DDR. Es folgt die Enteignung und Verstaatlichung von Betrieb und Grundstück.
Nach der Verstaatlichung wurde der Betrieb der früheren Böttcherei Wilhelm Frisch jun. nach Kenntnis der Nachfahren bis zur Wiedervereinigung fortgeführt, zuletzt allerdings wohl nur noch als Faßreparaturbetrieb. Genaue Informationen darüber fehlen leider.
... ...
1998 Ein Bowlingcenter eröffnet in der alten Böttchereihalle am (heutigen) Lemsdorfer Weg.

Ehemalige Fassfabrik am Lemsdorfer Weg
Die ehemalige Faßfabrik am heutigen Lemsdorfer Weg.
Seit 1998 wird in der Halle ein Bowlingcenter betrieben.

[Aufnahme vom 12.10.2017]
Heute: Die Hochbauten auf dem ehemaligen Grundstück Halberstädter Straße 79 / 79a sind abgerissen. Auf dem Grundstücksteil an der Halberstädter Straße ist heute ein Parkplatz angelegt. Die Hausnummer 79 trägt heute das benachbarte Gewerbegrundstück, auf dem ehemals die Chemische Fabrik von Max Dürre (später Schmidt jun.) betrieben wurde. Es ist bis heute ein Gewerbegrundstück. Der Bereich des Fasslagers wurde in den 1970er Jahren mit dem Magdeburger Ring überbaut. Nur die "Faßfabrik" (das Bowlingcenter) am heutigen Lemsdorfer Weg ist erhalten.

Quellen:

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